„ . . . bis an der Erde Grenzen!“
Verbreitung der katholischen Kirche: Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung nach Land: (schwarz) 90–100 %, (dunkelrot) 80–90 %, (rot) 70–80 %, (dunkelorange) 60–70 %, (orange) 50–60 %, (hellorange) 40–50 %, (dunkelgelb) 30–40 %, (gelb) 20–30 %, (hellgelb)10–20 % (weiß) 0–10 %, (grau) Keine Daten Erst in unseren Tagen begreift die Christenheit, was es bedeutet, daß der Herr seine Jünger beauftragt hat, nicht nur „in Jerusalem, ganz Judäa und Samaria“, sondern „bis an den Grenzen der Erde“ für Ihn Zeugnis abzulegen (Apg. 1, 8). Die Grenzen der Erde lagen für die Menschen der Zeit Jesu an der Küste des Atlantiks, am Kaukasus, den Wäldern Germaniens und den Nilquellen. Es hat bald zwei Jahrtausende gedauert, bis der Mensch tatsächlich bis zu den letzten Punkten der Erdoberfläche, bis in die unerforschten Gebiete der Antarktis vorgedrungen ist und sich nun zum Raketenflug in das Weltall anschickt. Aber nicht nur Geographisch haben sich die Grenzen der Erde geweitert, sondern auch politisch ist die Welt in bisher unvorstellbarer Weise eine Einheit geworden. Vorgänge im fernsten Asien haben ihre unmittelbare Auswirkung auf Europa, während man sich noch vor hundert Jahren nicht allzu um die Ereignisse im benachbarten Fürstentum zu kümmern brauchte. Wirtschaftliche Verflechtungen umspannen den ganzen Erdball, und selbst die letzte künstliche Grenze des Eisernen Vorhang wird den Anforderungen des Welthandels nicht lange mehr standhalten können. Ist sich die Christenheit schon voll und ganz dieses Vorgangs bewußt geworden, und weiß sie um seine Auswirkung für das Reich Gottes? Die ökumenische Bewegung sucht auf ihre Weise die Zersplitterung der nichtkatholischen Religionsgemeinschaften in Landeskirchen und Sekten zu überwinden, und ihre Erfolge sind sehr beachtlich. Wir Katholiken scheinen dagegen eine Umstellung nicht für notwendig zu halten. Wir sind von jeher im Besitz der Einheit, fühlen uns als Glieder einer Weltkirche und stehen unter der einheitlichen Leitung des Papsttums. Was sollte uns also noch fehlen? Nichts wäre falscher, als so zu denken. Zwar ist die Einheit und Katholizität der Kirche ein unvergängliches Gnadengeschenk des Heiligen Geistes, aber wir müssen es auch zu nutzen verstehen. Es ist nicht genügend, daß alle Fäden in Rom zusammenlaufen, wenn oftmals in einzelnen Pfarreien eine unglaubliche Kirchenturmpolitik gemacht wird und die Sorge um das Gottesreich bei Anschaffung neuer Glocken und einer eigenen Orgel aufhört; wenn die Diözese eines Landes nicht zur Zusammenarbeit kommen, weil jede eifersüchtig über ihre eigene Finanzverwaltung und ihre Interessen wacht; wenn man sich in katholischen Gebieten nicht um die Diaspora kümmert; wenn erst recht keine Verbindung über die nationalen Grenzen gehen und man von den Vorgängen in den Missionsländern keine Ahnung hat, weil man dafür kein Interesse hat. Trotz der weltumspannenden Universalität der Kirche und des Papsttums ist nicht nur die Organisation mancher kirchlichen Einrichtungen im Zeitalter der Kleinstaaterei steckengeblieben, sondern vor allem das Bewußtsein der Gläubigen ist der Ausweitung der Grenzen der Erde nicht nachgekommen. Oder was soll man dazu sagen, daß im Durchschnitt im Jahr zwar 78,-DM für Tabak, 76,- DM für Alkohol und 10,- DM für Kino ausgibt, aber nur 0,07 DM für die Weltmission? Kann es uns wirklich so gleichgültig sein, wenn von 5000 japanischen Studenten sich 3000 als Religionslose, 1500 als Atheisten, 270 als Buddhisten, aber nur 38 als Christen, davon acht Katholiken ausgehen? Geht es uns wirklich nichts an, wenn der Islam in Afrika rasende Fortschritte macht, wenn mehr als die hälfte Asiens unter roter Herrschaft ist und die Zahl der Christen trotz alle Missionserfolge wegen Geburtenmüdigkeit der weißen Rasse dauernd zurückgeht? Noch steht die Katholische Kirche mit 456 Millionen Gläubigen an der Spitze aller Weltreligionen, aber was bedeutet die Zahl, wenn dahinter kein entsprechender Krafteinsatz steht? Was nutzt der Heldenmut unserer Pioniere an der Missionsfront, wenn die Etappe und die Heimat gleichgültig dem gewaltigen Geisteskampf zuschauen, der in der ehemaligen Kolonialländern tobt, und sich mit glänzenden „Wirtschaftswundern“ begnügen, während da draußen das Schicksal der Welt von morgen entschieden wird? Es geht zunächst darum, mit einem überholten und falschen Missionsbegriff aufzuräumen, der den Loskauf von einigen Heidenkindern als nette Spielerei für Nonnen und fromme Kinder anschaut und das Gewissen damit beruhigt, wenn man zehn Pfennig dem nickenden Negerkindern einwirft oder alte Briefmarken für Missionszentralen sammelt. Wenn die Kirche nicht zu einer großzügigen und weltweiten Strategie kommt und sich dabei der opferbereiten Unterstützung eines jeden einzelnen Christen in der Heimat gewiß sein kann, so geht die geistige Schlacht um Asien und Afrika, um Südamerika und Ozeanien, deren Entscheidung in den nächsten zwanzig Jahren fallen wird, verloren. Das bedeutet aber nicht nur eine totale Niederlage der Mission, sondern zugleich auch das Ende Europas. Es geht heute nicht mehr um einzelne Seelen, sondern um die ganze Welt! Noch einmal hat der alte europäische Kontinent nach dem Verlust äußerer Kolonialmacht die Chance, die Welt geistig zu gewinnen und sich zu verbinden, aber dazu bedarf es des Einsatzes aller Kräfte bis in die letzte kleine Pfarrei. Umso erfreulicher ist es, daß es die Jugend ist, die an ihrem Bekenntnistag den Blick weiten will für ihre weltweiten Aufgaben. Wenn heute deutsche Studenten in USA studieren und unsere Monteure nach Ägypten und Indien geschickt werden, so sollten erst recht junge Christen bereit sein, die Botschaft Christi zu verkünden – bis an der Erde Grenzen! Quelle: Im Spiegel der Zeit – Walther Kampe – Verlag Josef Knecht – Frankfurt am Main, 1961. S. 64 Weltkarte: Von Fibonacci (talk) - Adapted from File:BlankMap-World6.svg, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9709312 https://de.wikipedia.org/wiki/Römisch-katholische_Kirche#/media/Datei:Catholic_population.svgHelfen Sie uns mit einer Spende, die Andacht zu Muttergottes in Deutschland zu verbreiten.
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