Das Fest Christi Himmelfahrt

Heute gedenkt die Kirche jener feierlichen Stunde, da der Heiland sein gottmenschliches Leben und Wirken auf Erden durch die Himmelfahrt vollendete und krönte. Auf den blutigen Karfreitag folgte zunächst der freudenreiche Ostertag mit Licht und Glanz und Herrlichkeit. Dann weilte der Herr noch nahezu sieben Wochen auf Erden und erschien zu wiederholten Malen den Jüngern in Jerusalem und in Galiläa, um sie restlos davon zu überzeugen, daß er von den Toten auferstanden war. Endlich, am vierzigsten Tag nach Ostern schied er aus dem Diesseits und fuhr zum Himmel auf. Als sich damals am Morgen des Himmelfahrtstages die Sonne über den Bergen Judäas erhob und in ihrem Lichtbad die Erde von den dunklen Schatten der Nacht reinigte, saßen die Apostel im Abendmahlssaal zu Tisch, und während sie speisten, stand der Meister mitten unter ihnen, setzte sich zu ihnen und aß und trank mit den Zwölfen ein letztes mal zum Abschied vor seinem Heimgang in den Himmel. Nach dem Abschiedsmahl erhoben sich alle und schritten frohbewegt in kleinen Gruppen durch die Straßen der Stadt Jerusalem dem Ölberg zu, denn an der gleiche Stätte, wo sieben Wochen vorher in unnennbaren Schmerzen das bittere Leiden des Heilandes begann, sollte sich auch seine Herrlichkeit erfüllen. Als man die Höhe des Berges erreichte, war es Mittag geworden. Neben dem Herrn stand seine heiligste Mutter, und rund um die beiden herum stellten sich die Apostel auf. Rede und Gegenrede flogen noch eine Weile hin und her, und dann war der Augenblick des Abschieds gekommen. Mit einem letzten lieben Blick grüßte der Heiland seine Mutter Maria und die Jünger und breitete über sie und die ganze Erde segnend die gnadenvollen Hände aus. Dabei strömte aus ihm immer stärker und glänzender ein helles Licht hervor, das ihn mit himmlischer Verklärung umhüllte. Zugleich auch schien es, als habe die Sonne ihre Bahn am Firmament verlassen und nähere sich im schnellen Lauf der Erde, und langsam, majestätisch, herrlich, schön und groß schwebte der Herr empor der Sonne entgegen, und die Sonne nahm ihn auf, Licht ging in Licht über, und ein unbeschreiblicher Glanz verbreitete sich über das Himmelsgewölbe und über die Erde, und all dieser Glanz war doch nur wie ein Schatten im Vergleich zu den Licht, in dem der Herr gegen den Himmel emporstieg. Wie gebannt schauten Maria und die Jünger dem Licht nach, ergriffen und sprachlos, bis aus der großen Herrlichkeit zwei Engel in weißen Gewändern auftauchten und sie mit festlichen Worten des Eingangsliedes zur heutigen Messe im Schott anredeten: „Ihr Männer von Galiläa, was schaut ihr staunend auf zum Himmel? Alleluja! Wie ihr ihn auffahren saht zum Himmel, so wird er wiederkommen! Alleluja! Alleluja! Alleluja!“ So sprachen die Himmelsboten, und dann verblaßte langsam die strahlende Helle. Das Licht löste sich in die sieben Farben des Regenbogens auf, und zuletzt leuchteten die Höhen ringsum wie bei einen Alpenglühen im rosenroten Feuer. In solcher Pracht und Herrlichkeit verlief der Abschied des lieben Heilandes von der Erde. Dem menschlichen Auge nicht mehr sichtbar, gesellten sich dem Heiland unterwegs in langer Reihe die Gerechten zu, die in der Vorhölle auf diesen Tag mit Sehnsucht gewartet hatten, Adam, Eva, Abel, Noe, Abraham, Isaak, Jakob, die Propheten, eine unübersehbare Schar bis auf den heiligen Pflegevater Joseph und die Schächer am Kreuz. Ein Jubel ohne Ende erhob sich. Weitauf sprangen die Tore des Paradieses. Engelheere holten den Heiland ein und geleiteten ihn an den Thron Gottes, zu dessen Rechten er seitdem sitzt in endloser Freude. Seit jener Stunde steht die Himmelstür für alle offen, die sich auf Erden in der Treue zu Christus bewähren. Quelle: Kinder- und Hauslegende – Die Heiligen im Messbuch der Kirche – P. Robert Quardt SCJ – Verlag Herder – Freiburg im Breisgau – Seiten 212 und Teil 213.