Das Fest Mariä Geburt
Das Fest Mariä Geburt ist die
Erinnerung an jenen glückseligen und freudenreichen Tag, an welchem die
allerseligste Jungfrau und Mutter Gottes Maria das Licht der Welt erblickt hat.
Deswegen singt die Kirche an diesem Tag: „Deine Geburt, jungfräuliche
Gottesgebärerin, hat der ganzen Welt Freude verkündigt, denn aus dir ist
hervorgegangen die Sonne der Gerechtigkeit, Christus der Herr, welcher, den
Fluch lösend, Segen spendete, und den Tod überwindend, ewiges Leben verlieh.“
Wie hat die Geburt Mariä die
ganze Welt erfreut?
Sie hat 1) ihre frommen Eltern Joachim
und Anna erfreut, welch nach ihrer langen Unfruchtbarkeit durch die Geburt
dieses glückseligen Kindes einen unaussprechlichen Trost empfingen;
2) die alten in der Gnade Gottes
verschiedenen Patriarchen, welche auf die Nachricht, dass die Mutter des
Messias schon wirklich geboren sei, ihrer baldigen Erlösung mit Freuden
entgegen sahen;
3) die Menschen auf Erden, welche
sie als Morgenstern oder Morgenröte die bald folgende Sonne der Gerechtigkeit
verkündigte, und ein glücklicher Vorbote des Heils war;
4) die Engel, die in ihr eine
Königin erblicken und die Mutter derjenigen, welche ihre Zahl ergänzen und die
leeren Plätze der aufrührerischen Engel besetzen würden.
Das Geburtsfest Mariens wurde in
der morgenländischen Kirche schon im fünften Jahrhundert eingeführt. Allgemein aber
wird es erst seit Anfang des elften Jahrhunderts von der Kirche gefeiert.
An diesem Festtag sollen wir uns
von Herzen freuen, dass uns in Maria die Mutter des Erlösers, eine Königin,
Mutter und Fürsprecherin geboren worden ist; wir sollen sie daher kindlich
verehren und zu dem Ende uns befleißen, ihre Tugenden nachzuahmen. So werden
wir uns ihrer Fürbitte würdig machen.
Zum Eingang der heiligen Messe
singt die heilige Kirche heute: „Sei gegrüßt, heilige Gebärerin! Die du uns als eine
glückliche Mutter den König geboren hast, der Himmel und Erde von Ewigkeit zu
Ewigkeit beherrscht. — Aus meinem Herzen steigt ein schönes Lied: ich weihe
mein Lied dem König.“
Im heutigen Evangelium wird das
Stammbuch Jesu Christi gelesen, weil die Kirche den Geburtstag Mariens nur
deswegen feiert, weil sie die unbefleckte Mutter ist, aus welcher Jesus
Christus geboren wurde. Der hl. Evangelist Matthäus fängt sein Evangelium mit
der Geburt Christi nach dem Fleische an. Er will dadurch die Irrlehrer zu
Schanden machen, welche leugneten, dass Christus ein wahrer Mensch gewesen;
darum nennt er seine Ahnen, von denen er der menschlichen Natur nach abstammte.
Die Geburtslinie Christi wird
von Joseph, und nicht von Maria an gezogen, weil Joseph dem Schein nach Vater
Christi (wiewohl in der Tat nur ein Pflegevater) war, so dass sich Matthäus
nach dem jüdischen Gebrauch gerichtet und seinen Geburtsstamm nur aus der
männlichen Linie hergeleitet, wodurch aber auch das Geschlecht Mariä ebenfalls
bekannt wird, weil die Juden aus ihren Familien hinaus nicht heiraten durften. Lukas
hat indessen auch (3,23) die Voreltern Mariä genannt, von Adam bis Heli oder
Joachim, dessen Schwiegersohn Joseph war.
Quelle: „Unterricht für das Fest Mariä Geburt“, in Katholische Handpostille von R. P.
Leonhard Goffine, Verlagsanstalt Benziger & Co. K.G. Einssiedeln.
Vermutlich 1896, S. 385ff.
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