Das Mysterim des verborgenen Lebens Jesu

Während des größten Teils seines Lebens hat Jesus das Los der meisten Menschen geteilt: ein alltägliches Leben ohne äußere Größe, ein Handwerkerleben, ein jüdisch religiöses Leben, das den Gesetz Gottes unterstand, ein eben in einer Dorfgemeinschaft. Von dieser ganzen Periode ist uns nur das geoffenbart, dass Jesus seinen Eltern „untertan“ war und zunahm „an Weisheit und Alter und Gnade vor Gott und den Menschen“ (Lk 22,42). In seiner Unterordnung unter seine Mutter und seinen Pflegevater erfüllte Jesus das vierte Gebot voll und ganz. Sie war das irdische Bild seine Sohnesgehorsams gegenüber seinem himmlischen Vater. Die alltägliche Unterwerfung Jesu unter Josef und Maria kündigte seine Unterwerfung am Gründonnerstag an und nahm sie vorweg: „Nicht mein Wille ...“ (Lk 22,42). Mit dem Gehorsam Christi im Alltag des verborgenen Lebens begann schon die Wiederherstellung dessen, was der Ungehorsam Adams zerstört hatte. Das verborgene Leben in Nazaret ermöglicht jedem Menschen, in den alltäglichsten Dingen in Gemeinschaft mit Jesus zu sein: „Das Haus von Nazaret ist eine Schule, in der man beginnt, das Leben Christi zu verstehen. Es ist die Schule des Evangeliums ... Sie lehrt zunächst das Schweigen. Möge in uns eine große Wertschätzung des Schweigens lebendig werden . . . dieser bewundernswerten und notwendigen Geisteshaltung ... Hier lernen wir, wie wichtig das häusliche Leben ist. Nazaret gemahnt uns an das, was eine Familie ist, an ihre Gemeinschaft in Liebe, an ihre Würde, ihre strahlende Schönheit und Heiligkeit und Unverletzlichkeit . . . Schließlich lernen wir hier die zuchtvolle Ordnung der Arbeit.O Lehrstuhl von Nazaret, Haus des Handwerkersohnes! Hier möchte ich das strenge, aber erlösende Gesetz menschlicher Arbeit erkennen und feiern ... Schließlich möchte ich hier den Arbeitern der ganzen Welt Segen wünschen und ihnen das große Vorbild zeigen, den göttlichen Bruder“ (Paul VI., Ansprache vom 5. Januar 1964 in Nazaret). Das Wiederfinden Jesu im Tempel ist das einzige Ereignis, das das Schweigen der Evangelien über die verborgene Jahre Jesu unterbricht. Jesus lässt darin das Mysterium seiner ganzen Hingabe an die Sendung erahnen, die sich aus einer Gottessohnschaft ergibt: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“ Maria und Josef verstanden diesen Ausspruch nicht, aber sie nahmen ihn im Glauben an, und Maria „bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen“ - während all der Jahre, in denen Jesus in der Stille eines gewöhnlichen Lebens verborgen blieb. Quelle: Katechismus der Katholischen Kirche – Oldenbourg - Benno - Paulusverlag - Veritas 1993. Nr. 531-534