Das Volk huldigt seiner geliebten Königin


Eine Landeswallfahrt – Fatima

Es ist Mittag, die gesegnete Stunde der Erscheinung. Das ist in der Cova da Iria die Zeit der grandiosesten und ergreifendsten Glaubenskundgebung, die man auf Erden sehen kann.
Um diese Zeit formt sich die Prozession, in welcher man die wundertätige Statue von der Erscheinungskapelle auf den Alter, an dem die Krankenmesse gefeiert wird. Vier „Diener Unserer Lieben Frau“ nehmen das Gnadenbild auf die Schultern und der Zug setzt sich in Bewegung. Voran schreiten Pfadfinder, die mit Mühe einen Weg durch die Menge bahnen, denn jeder drängt sich heran, um die himmlische Mutter von nahe zu sehen und mit ihr zu sprechen; es ist ja allen, als ob die Hochgebenedeite in eigener Gestalt unter ihnen weilte. Nun folgen die vielen Fahnen der verschiedenen Pilgerzüge, dann der Klerus und endlich das Gnadenbild. Langsam, langsam kommt es vorwärts.
„Kaum hatte das Bild den gedeckten Gang verlassen“, so erzählt Dr. Fischer, „da setzte ein Regen von Rosen ein, wie ich ihn in meinem Leben noch nie gesehen. Das Bild und alle, die in seiner Nähe waren, wurden mit Rosenblättern förmlich überschüttet . . . Diese Rosen wachsen nicht auf der steinigen Serra d'Aire. Die Pilger haben sie von zu Hause mitgebracht und für diesen Augenblick aufgespart. Das mag den Rosenregen in den Augen der Rosenkranzkönigin besonders lieb und angenehm machen . . .
Kaum noch war mir dieses überwältigende Schauspiel des Rosenregens recht zu Bewusstsein gekommen, als mich der Visconde de Montelo aufmerksam machte: „Schauen Sie rückwärts!“ Ich blickte mich um und glaubte, ein glänzendes Schneefeld zu sehen. Die ganze Mulde, von ihrem tiefsten Punkte, wo wir eben standen, bis hinauf an den Rand, leuchtete im Sonnenglanz von den weißen Taschentüchern, mit denen die Pilger dem Gnadenbild zuwinkten. Das war wiederum ein grandioses Schauspiel, wie es nur die Mulde von Iria bietet. Tausende und Zehntausende von weißen Taschentüchern, die wie Schneeflocken im Winde flatterten!“
„Du Zuflucht der Sünder!“ „Du Heil der Kranken!“ „Du Mutter der Barmherzigkeit!“ „Unsere Liebe Frau von Fatima!“ So und anders rauschten die tausend Grüße über die Mulde hin. Nicht alle können bis in die Nähe des Gnadenbildes kommen, aber ihre Grüße flattern zur Mutter, und ihre Herzen sind bei ihr. Wahrhaftig, diese Cova da Iria, wenn sie nicht schon wäre, sie müsste geschaffen werden!
Das Antike Heidentum ersann mit raffinierter Schlauheit die Form des Amphitheaters, um die Massen zu fesseln und das Böse seine Triunphe feiern zu lassen. Das moderne Heidentum macht's nicht anders, es greift wieder zurück auf das Stadion und Amphitheater. Kein Wunder, der Teufel bleibt sich ja gleich und geht am liebsten auf Massen aus.
Das Stadion, das Maria sich für ihre Triumphe erwählt hat, ist das große, von der Natur geschaffene Amphitheater der Cova da Iria. Da ruft man jenem Weibe Beifall zu, das Siegerin ist über Sünde und Hölle, das den Lilienkranz der Reinheit trägt, das Königin ist im Himmel und auf Erden, das der Schlange den Kopf zertreten und alle Irrlehren in der ganzen Welt allein getötet ist.
Während sich der Zug langsam vorwärts bewegte, reichten die Pilger ihre Wallfahrtsandenken, wie Rosenkränze und Medaillen, her, um sie an der Statue berühren zu lassen. „Geben Sie acht, sagte mein Mentor Visconde de Montelo, „jetzt weint alles! So ist's jedesmal!“ Er hatte mich schon vor beginn der Prozession darauf aufmerksam gemacht, dass dies kommen würde, und als er es abermals sagte, sah ich bereits Tränen in den Augen der Pilger, während sie mit den Taschentüchern dem Gnadenbild zuwinkten. Tränen nicht bloß in den Augen der Frauen, Tränen auch in den Augen der Männer, Tränen in den Augen der Priester, und um es gleich zu sagen, Tränen in den Augen der beiden Bischöfe, als wir mit dem Gnadenbild an den Stufen der Tribüne angelangt waren . . .
Erklären kann mir dieses allgemeine Wunder keiner . . .
Und wenn ich nur die Frauen hätte weinen sehen, dann würde ich kein Wort darüber verlieren.
Tausende weinen sehen, ist ein Schauspiel für sich. Ich habe es bisher nur einmal in meinem Leben gesehen: am l3. Mai 1929 in der Mulde von Iria.

„Fatima ist ein Gnadenort von ganz einziger Art.
Es gibt nur ein Fatima“

Quelle: Maria spricht zur Welt – Geheimnis und Weltgeschichtliche Sendung Fatimas – L. Gonzaga da Fonseca – Tyrolia-Verlag – Innsbruck – Wien - München