Die Gerechtigkeit
Die Gerechtigkeit besteht darin, dass man ernstlich bestrebt
ist, jedem das Seinige zu geben und zu lassen. Das Wort „Gerecht“ hat sonst
noch die Bedeutung „im Zustand der Gnade“. In diesem Sinne aber wird es hier
nicht gebraucht. Der Gerechte ist auch rechtschaffen, d. . gewährt jedem sein
Recht: Gott durch Anbetung, der Obrigkeit durch Gehorsam, den Untergebenen
durch Belohnung und Bestrafung, seinesgleichen durch wahre Nächstenliebe. Er
hält sich an den Grundsatz: „Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg
auch keinem andern zu“ (Tob. 4, 16), und an die Worte Christi: „Alles, was ihr
wollt, dass euch die Menschen tun, das sollt ihr ihnen auch tun“ (Math. 7, 12).
Im Gegensatz zur Gerechtigkeit steht die Selbstsucht, die
den Menschen antreibt, sich selbst vor und den anderen zurück zu drängen. Der
Selbstsüchtige achtet nicht die Rechte des anderen; sein eigener Vorteil geht
ihm über alles. Als Pilatus aus den Reden der Juden erkannte, dass ihn diese
beim Kaiser verklagen wollten, verurteilte er Christus unschuldig zum Tode,
ließ sich also zu einer Ungerechtigkeit hinreißen. Einen schönen Wahlspruch
hatte der deutsche Kaiser Ferdinand I. (+1564): „Fiat justitia pereat mundus –
Gerechtigkeit muss sein, und sollte die Welt zugrunde gehen.“ Da sich aber dem
Willen innere und äußere Hindernisse in den Weg stellen, braucht der Wille zwei
Stützen, die Mäßigung und den Starkmut.
Quelle: Sonne Dich – P. Max Dudle SJ. Hrsg.: DVCK e. V.,
Frankfurt am Main
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