Die Lichterprozession


Eine Landeswallfahrt - Fatima

„Das Erscheinen des Bischofs war das Zeichen für den offiziellen Beginn der Lichterprozession. Eine Prozession freilich in unserem Sinne war es nicht und konnte es nicht sein. Bei solch riesigen Menschenmassen fehlte ja jede Möglichkeit, eine geordnete Prozession zu entfalten. Man brauchte kilometerlange Wege, um für diese Mengen Platz zu bieten. Gleichwohl war alles in Bewegung. Die Leute gingen dahin und dorthin und erbauten sich gegenseitig an ihrem Glauben und ihrer Andacht.

Oben auf der Tribüne des Krankenpavillons stand ein Priester vor dem Mikrophon, das seine Worte an acht Lautsprechern weitergab... Dank dieser Lautsprecher vollzog sich das Rosenkranzgebet der Zehntausende in musterhafter Ordnung.Zwischen den einzelnen Dekaden des Rosenkranzes erklangen die lieblichen Weisen des Ave von Fatima.

Den offiziellen Schluss der Lichterprozession – kurz vor Mitternacht – bildete das gemeinsame Glaubensbekenntnis.Diese Choralmelodien des Credo der heiligen Messe, gesungen von Zahntausenden, gesungen um Mitternacht, gesungen im Scheine ungezählter Kerzen, sind etwas Ergreifendes. Das weckt Katakombenstimmung! Sind diese Melodien, diese Lichter, diese Menschen nicht ein flammender Protest, ein edler Protest des Opfers un des Gebetes gegen die Irrtümer einer in Sünde und Unglauben versinkenden Mitwelt?“

Ein berühmter Professor, der 1927 zum ersten Male diese Glaubenskundgebung erlebte, rief mit Tränen in den Augen: „Wenn die Madonna sichtbar erschienen wäre, hätte man ihr keinen besseren Empfang bereiten können!“

„Es ist Mitternacht. Die nächtliche Anbetung wurde viele Jahre vom unvergesslichen Bischof von Leiria (Don José) geleitet; heute ist es der Nachfolger Msgr. J. Pereira Venâncio oder ein von ihm Beauftragter. Am Lautsprecher erklärte er dem Volke in herzlich warmen Worten die Geheimnisse des Rosenkranzes. Nicht weniger als sechsmal ergriff er das Wort und empfahl den Gebeten der Gläubigen den Heiligen Vater, die Bischöfe, das Vaterland, alle den Pilgern von Fatima anvertrauten Meinungen. So wir die Mulde von Iria, wenn die Hunderttausend ebenso innig beten für die großen Nöte und Anliegen der Kirche des Erdkreises wie für die kleinen Alltagssorgen des Kleinsten unter ihnen, der Schauplatz einer großrn, heiligen, nur auf dem Grunde des Katholizismus möglichen Bruderliebe. Das heißt man Gemeinschaft der Heiligen.“

Einer der Diözesanpilgerzüge nach dem anderen hält seine Anbetungsstunde. Die andern suchen unterdessen ein wenig auszuruhen; die meisten legen sich einfach auf den Boden, manche finden im Fahrzeug, das sie herbrachte, ein Plätzchen.

Die Männer, die noch beichten wollen, stellen sich in langen Reihen vor den zwanzig Beichtstühlen auf und warten geduldig drei, vier Stunden, bis sie drankommen.

Nachts werden nur Männer beichtgehört. Eines Tages, als der Bischof von Leiria nach Sonnenuntergang den Beichtstuhl verließ, in dem er viele Stunden verbracht hatte, trat eine von den vielen Frauen, die noch warteten, auf ihn zu: „Hochwürdigster Herr, hören Sie um Gottes willen meine Beichte.“
„Es hat schon Angelus geläutet. Jetzt beichten nur die Männer.“
„O ich Arme! Seit dem Morgen warte ich schon auf die Beichte, um kommunizieren zu können … Und jetzt muss ich so weggehen ...“
„Ja sind Sie denn noch nüchtern?“
„Gewiss, hochwürdigster Herr.“
„Hier hat das kanonische Recht keine Geltung!“ rief der Bischof ergriffen. Und er begab sich noch einmal in den Beichtstuhl, hörte das Bekenntnis der guten Frau an, die weiß Gott wie weit hergekommen war, und reichte ihr die heilige Kommunion.

Es ließen sich ungezählte ähnliche Fälle berichten.

Quelle: Maria spricht zur Welt – Geheimnis und Weltgeschichtliche Sendung Fatimas – L. Gonzaga da Fonseca – Tyrolia-Verlag – Innsbruck – Wien München