Die Mittlerin zur Freude an der Schönheit Gottes
Weil
Maria als Freudenbringerin nicht ihr eigenes Leben und ihre eigene Freude
schenkt, sondern uns das Leben und die Freude Christi übermittelt, weisen alle
freudenreichen Strahlen ihrer Schönheit zuletzt auf Gott in Jesus Christus
zurück. Sie machen deutlich, daß christliche Freude zu tiefst ein Ergriffensein
von der Schönheit Gottes, ein Entzücken an ihm selbst ist. Sie ist das
Beglücktsein des Glaubens an das Geheimnis Gottes, an seine Hoheit und Erhabenheit,
aber auch an seine weltzugewandte Liebe.
Solche Beglückung durch Gott ist
heute unter den Christen selten geworden. Wie man die Schönheit Gottes nicht
mehr empfindet, so auch nicht die Freude an ihm. Darum wirkt der Glaube vieler
Christen so gezwungen, so angestrengt und bekümmert. Von vielen wird er nur
noch als Mittel zum Zweck der Weltverbesserung empfunden, als Kraft für das
Triebwerk der irdischen Entwicklung. Nicht daß er dies nicht auch leisten
könnte und sollte. Aber es gelingt ihm nur, wenn er aus der übervernünftigen
und alle irdischen Zwecke übersteigenden Gottbegegnung kommt und aus der daraus
erfließenden geistigen Freude. Dann könnte es auch nicht mehr helfen, wie
jüngst behauptet, „daß uns das Evangelium oft überfordert“. Es würde wieder
verstanden als die erhebende, befreiende Botschaft von dem Gott, in dem „sich
unser Herz erfreut“ (Ps 32, 21).
Maria, die bleibende Ursache
unserer Freude, ist in ihrer lichten Gestalt eine beständige Weiserin auf
diesen Gott, der Inbegriff der Freude ist. Nach Freude sehnen sich heute alle
Menschen. Sie ist ja nur die andere Seite des Sinnes des Lebens, nach dem die
Menschen beständig suchen. Aber sie verwechseln oft den tiefer liegenden Sinn
mit äußerem Glück und Erfolg. Dieser kann den Menschen freilich auf die Dauer
nicht erfüllen. Er schafft ihm nur eine äußere Sättigung, die bald danach in
Gleichgültigkeit und sogar in Leere umschlägt. Die Sehnsucht des Menschen nach
Glück wird allein in der Freude an Gott erfüllt. Im Führungsfeld dieser Welt
übersteigenden Freude finden auch erst die gottgeschenkten irdischen Freuden,
die der Christ nicht verachtet, ihre Ordnung und ihre belebende Kraft. Maria
aber wirkt in der Schönheit ihres begnadeten Menschseins wie ein Brennpunkt, in
dem sich alle Strahlen menschlicher Freude von Gott her und auf ihn hin.
Quelle: Maria in der Verehrung der Kirche – Leo
Scheffczyk –
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