Die sieben Gaben des Heiligen Geistes - Der Geist des Verstandes
Der Geist des Verstandes Verstehen Warum und Wozu Was Wichtig ist
P. Markus Christoph SJM
Wissen und Verstehen ist nicht dasselbe. Ich kann wissen, dass die Kreiszahl (Pi) π = 3,1415926... ist, aber ich verstehe nicht die Zahl; ich kann wissen dass in großer Höhe Wasser schneller kocht, ohne zu verstehen, was die Gründe sind. Und ein Ehemann kann wissen, dass seine Frau ihn liebt, auch wenn er vielleicht zugeben muss, dass er nicht versteht, warum. Wissen und Verstehen sind verschiedene Dinge; Verstehen ist mehr als Wissen. Beim Wissen reicht die sichere Kenntnis, dass etwas faktisch so und so ist. Um etwas zu verstehen, müssen wir wissen, warum oder wozu es ist, wie es ist. Nach abendländischer Auffassung ist es gerade der besondere Vorzug des Menschen, nicht nur nach dem faktischen IST der Dinge fragen zu können, sondern das Warum und Wozu der Wirklichkeit zu erforschen, den Dingen auf den Grund zu gehen; ihr Wesen zu ergründen, verstehen zu wollen, warum und wozu was wichtig ist. Wenn Weisheit darin besteht, zu wissen, was richtig ist, dann verlangt Weisheit von sich aus nach einer Ergänzung, denn was einem wichtig ist, will man notwendiger Weise auch verstehen. Wem als Hobby Briefmarkenkunde wichtig ist, der begnügt sich nicht damit, Briefmarken zu sammeln – es geht ihm ja nicht nur um das Sammeln - , sondern er will wissen, woher die Marken kommen, wie wertvoll sie sind, vielleicht auch wie sie hergestellt wurden usw. Und ein echter Mathematiker lernt nicht stur 20 Dezimalstellen der Kreiszahl Pi auswendig, sondern sucht nach Gründen und Erklärungen, warum Pi genau Pi ist. Verstand meint das Verstehen warum und wozu was wichtig ist. Genauso ist es auch bei der Weisheit als Gabe des Heiligen Geistes: Im eigenen Leben die richtigen Prioritäten zu setzen und zu erkennen, was wichtig ist – nämlich mein Glauben, meine Berufung zur Freundschaft mit Gott usw. - führt dazu, immer tiefer und tiefer verstehen zu wollen, warum unser Glaube ist, wie er ist; welche Zusammenhänge es zwischen den einzelnen Glaubenswahrheiten gibt. Nicht nur wissen, dass Gott Mensch geworden ist, sondern verstehen, warum er diesen Weg der Erlösung gewählt hat; nicht nur wissen, dass wir durch die Taufe Kinder Gottes werden, sondern verstehen, welche einzigartig intime Beziehung wie dadurch zu Gott haben; nicht nur zu wissen, dass Gott unser Schöpfer ist, sondern zu verstehen, wie radikal abhängig wir damit von Gott sind. Es geht dabei nicht um eine vertieftes Lernen de Katechismus (im Sinn einer „Weisheit 2.0“), sondern wiederum um den gemeinsamen Blick aus der Perspektive Gottes, der zwischen den Glaubenswahrheiten plötzlich Zusammenhänge aufscheinen lässt, die einem bloß menschlichen Nachdenken über Gott unzugänglich wären. Dass Gott die Liebe ist, glauben wir, weil es Gott uns geoffenbart hat; es geht um Weisheit. Für das bloß menschliche Nachdenken des Menschen steht diese Aussage eher im Widerspruch mit unserer alltäglichen Erfahrung des Leides. Aber die Gabe des Verstandes lässt uns verstehen, wie stimmig sich diese Wahrheit in alles andere einfügt, was wir von Gott glauben; warum darum Gott die Liebe sein muss, und wozu dies in unserem Leben führt. Ein herrliches Beispiel für die Gabe des Verstandes ist der Heilige Thomas von Aquin. Er war ein Riese in der Gabe der Weisheit, aber noch mehr ein Gigant in der Gabe des Verstandes; wie kein anderer sah er Zusammenhänge zwischen verschiedenen Glaubenswahrheiten und erklärte Gründe für die Angemessenheit bestimmter Heilswahrheiten. Dass es dabei trotzdem um eine Gabe des Geistes und nicht intellektuellen Fleiß geht, zeigen uns viele andere Heilige, z.B. die Einsichten der kleinen heiligen Theresia, die – auf ganz andere Weise aber ebenso Tief – ohne Theologiestudium zu einem glasklaren Verstehen dessen, was unseren Glauben ausmacht, gekommen ist. (Fortsetzung folgt) [Der ganze Vortag mit dem Titel „Die Gaben des Heiligen Geistes als Schlüssel für den Alltag“ ist enthalten in: Der Katholische Glaube – Kraft für den Alltag, Berichtband der 24. Theologischen Sommerakademie – (Bestelladresse IK-Augsburg, Nordfeldstr. 3 – 86899 Landsberg)] Quelle: Der Fels, Juni 2017, S. 167f. Eichendorfer Str. 17, D-86916 Kaufering. Redaktion: Hubert.Gindert@der–fels.de © Nachdruck ist mit Quellenangabe gestattet.Helfen Sie uns mit einer Spende, die Andacht zu Muttergottes in Deutschland zu verbreiten.
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