Drei Schritte des geistlichen Lebens


nach der Lehre des hl. Johannes von Kreuz und
der hl. Teresa von Jesus

P. Franz Jalics SJ

Ein heiler Mensch zu werden, das lässt sich nicht so in ein, zwei Tagen bewerkstelligen.

An sich ist es aber ein ganz einfache 3-Punkte-Programm.

  1. Schritt
Versuche in der Wahrheit zu stehen. Das heißt, alles was es an negativen Gefühlen in Dir gibt, das sollst Du anschauen, wohlwollend begrüßen und vor allem da sein lassen. Es darf diese Gefühle in Dir geben. Du brauchst nicht davor davonzulaufen, sie zu verdrängen oder Dich darüber zu ärgern. Lebe sie jedoch nicht aus. Wenn Du das Gefühl der Wut oder der Traurigkeit spürst, dann lass dieses Gefühl da sein, doch lebe es nicht aus, reagiere es anderweitig, nicht an den Menschen und nicht an Dir selbst ab, denn dabei verletzt Du Dich und andere. Ist es dennoch geschehen, dann sag Dir: Jetzt war ich wütend, traurig ... usw., und komm ganz einfach in die Gegenwart zurück.

Die hl. Teresa sagt: „... wenn wir noch nicht so weit gelangt sind, dass wir alles mit Gleichmut aus der Hand Gottes annehmen, dann“, so sagt sie: „..demütigen wir uns wenigstens, denn die Demut ist die Salbe für unsere Wunden. (Das heißt, stehen wir in der Wahrheit im obigen Sinn). Dann wird der göttliche Wundarzt schon kommen und uns heilen, wenn er auch etwas zögern sollte.“

Lass also jedes Gefühl, jede Sache, jeden Menschen, jedes Geschöpf wohlwollend da sein, geh allem liebevoll und wohlwollend entgegen, so gut Du es eben kannst.
Versuche auch, nicht in Negativen Gefühlen und in Grübeleien zu versinken. Wenn Gedanken und Gefühle Dich belagern wollen, so komm sanft zurück, schau ins Licht, nämlich auf den Herrn.

  1. Schritt
Leide aus, was Dir vom Leben zu leiden auferlegt wird.
Leide aus, was Dir von Deinen Gefühlen zu schaffen macht. So wird es geschehen, dass der Panzer, den Du zum Schutz vor dem Leid unbewusst um Dein Herz wachsen hast lassen, aufgesprengt wird.

Unsere negativen Gefühle schmerzen zwar, aber wenn Du sie zulässt und sie erleidest, dann wird alles in Dir zu fließen und zum strömen anfangen. Alle Gefühle, aber auch die Liebe, die in Deinem tiefen Inneren schon da ist.

Du selbst wirst so ganz Mensch, zugleich aber auch ein heiler Mensch. Aber ohne die Bereitschaft zum Leiden wird das nicht möglich sein. Erneuere diese Deine Bereitschaft täglich.

  1. Schritt
Das dritte schließlich ist das Schauen ins Licht.
Richte Deine Aufmerksamkeit immer wieder auf den Herrn. Er ist es, der alles in Dir erlösen und heilen kann und es auch will, wenn Du in der angegebenen Weise mitgehst.
Schenke dem Herrn jeden Tag eine bestimmte Zeit um bei ihm zu sein, ihn anzuschauen. Sag: Ich bin da! Und dann versuche zu spüren, wie Du da bist, ganz real.

Und wenn Du Deiner selbst bewusst bist, dann sag zum Herrn: Du bist da! Spür hinein in Dein Herz, dort will Gott ja Wohnung nehmen und dort ist er gegenwärtig seit Deiner Taufe.
Hier kannst Du auch damit anfangen, den Namen des Herrn Jesus Christus anzurufen: Sprich ehrfürchtig im Rhythmus Deines Atems:
Christus (beim Einatmen),
Jesus (beim Ausatmen).
Gott sehnt sich sehr nach der Begegnung mit Dir.

Schenke Gott diese Zeit ganz uneigennützig.
Erwarte nicht, dass er Dich jetzt sofort vollkommen und heilig machen muss.

Die Heilung geht ganz unmerklich vor sich, in dem Maß, als Du durch die Begegnung mit dem Herrn ihm immer ähnlicher wirst.
Seine Liebe wird in Dich überströmen, sie wird Dich in ihn umgestalten, Dich vergöttlichen.
Dann wird es so sein, dass ein einziger Akt der Liebe den Du setzt, von unendlichem Wert sein wird vor Gott und für die ganze Kirche, wie Johannes v. Kreuz sagt: Ja der Herr hält Großes für Dich bereit. Er möchte Dir unendlich viel schenken. „Leider glauben wir oft nicht, dass Gott schon in diesem Leben Hundert gibt für Eins“, so ruft die hl. Teresa bedauernd aus. Aber es bedarf der Zeit und der Geduld.

Wenn Du durch Dunkelheit gehen muss und Deine Seele in einer Nacht zu sein scheint, ist es dennoch ein glückseliger Zustand in dem Du Dich befindest und der Weg führt zum Ziel.
Der Herr wird das Werk Deiner Heilung und Heiligung wunderbar zustande bringen. Du darfst ihm ganz vertrauen.

Wenn wir recht denken, sind wir in Gott;
Wenn wir recht leben, ist Gott in uns.“
(Thomas von Aquin)


Quelle: Dienst am Glauben – Heft 3 – Juli-September 2013