Es ist billig und recht . . .

In dem Krieg, den Kaiser Karl V. mit König Franz I. von Frankreich führte, kam eines Tages ein französischer Ritter, der an seinem Herrn zum Verräter geworden war, zu Kaiser Karl, um von ihm eine Gunst zu erbitten. Der Kaiser hörte ihn ruhig an und bat dann einen seiner Hofleute, den Mann in seinem Schlosse zu beherbergen. Da sagte der Hofmann: „Majestät, ich werde dem Ritter in meinem Schloss Unterkunft geben, weil Sie es wünschen. Aber morgen werde ich es bis auf den Grund niederreissen lassen. Denn ich will nicht in einem Hause bleiben, das einen Verräter beherbergt hat.“ Ist es denkbar, dass der göttliche Königssohn, der Herr der Herren, der Heilige der Heiligen, in einer Seele seine Wohnung aufgeschlagen habe, wo vorher der Satan herrschte? Mit Recht sagt der hl. Alphons: „Wenn es wahr ist, dass das Fleisch Mariens und das Fleisch Jesu eins sind und die allerheiligste Jungfrau Maria dennoch in Sünden empfangen worden wäre, so würde es für immer einen Schimpf für Jesus bedeuten, sich so eng mit einem Leib verbunden zu haben, der ein unreines Gefäß, ein Untertan des Teufels, gewesen ist.“ Die Ehre des Herrn verlangt es, dass Maria als Mutter des Erlösers ohne Makel der Erbsünde empfangen würde. Die Ehre, die dem Sohn gebührt, verträgt es nicht, dass ein Schatten von Sünde auf die Mutter fällt. Von Ewigkeit her war Maria zur Mutter Gottes bestimmt. Deshalb durfte der Teufel sie nicht berühren und noch weniger ihre Seele beherrschen. Sie sollte der „Sonne der Gerechtigkeit“ das Leben schenken. Musste sie da nicht selber sonnenhaft sein? Maria sollte als zweite Eva Gehilfin des Gottmenschen sein. Sie sollte ihm Mutterdienste leisten, dass er zur Welt geboren werde. Je größer wir von Gott denken, desto höher müssen wir die Mutter erheben, von der er Fleisch annahm. Je reiner wir den Glanz der Heiligkeit des Herrn empfinden, desto makelloser muss uns sein irdischer Tempel erscheinen. „Es schickte sich so“, sagt der Kirchenlehrer Anselm, „dass in einer Reinheit, die nach Gott nicht größer gedacht werden kann, jene Jungfrau erglänzte, der Gott Vater seinen einzigen Sohn so zu schenken beschloss, dass er der eine, natürliche, gemeinschaftliche Sohn Gottes, des Vaters, und der Jungfrau sei“ Durch Maria wollte Gott unserem sündenkranken Geschlecht die heilende Arznei bereiten und reichen lassen: die heilige Menschheit des Sohnes Gottes. Durch Maria wollte Gott den durch die Sünde gänzlich Verarmten jenen schenken, durch den wir in allem reich geworden sind. Hätte nun Gott dulden können, dass die große Ärztin selber vom Sündengift ergriffen werde, dass die von Ewigkeit her erwählte Schatzhüterin und Schatzspenderin selbst in Armut schmachte? Würde sich das nicht widersprechen? Welch ein gesundes Empfinden hatte das christliche Volk, das von jeher sie als die Makellose verehrte und von ihr sagte: „Ganz schön bist du, Maria, und kein Makel ist an dir; an deinem Antlitz ist kein Stäubchen, es ist rein wie Sonnenlicht“ Selbst Martin Luther sagte in seiner Auslegung des Magnifikat: „Man könnte nicht sagen, gebenedeit bist du, wenn Maria je unter der Vermaledeiung gewesen wäre. Es war auch recht und billig, dass diese Person ohne Sünde erhalten wurde, von der Christus sein Fleisch nehmen wollte, das da überwindet alle Sünde. Denn das heißt gebenedeit, was ohne Sünde ist.“ Quelle: Maria wir rufen zu dir – Alphons Maris Rathgeber – Verlag Albert Pröpster – Kempten - Allgäu