Eucharistie leben

Das Verständnis für die regelmäßige Mitfeier der heiligen Eucharistie nimmt in der katholischen Christenheit ab. Viele Jugendliche behaupten: „Die Messe gibt uns nichts“. „Dadurch wird die Welt nicht anders!“

Die Kirchgänger sind auch nicht besser als andere Menschen!“ So viel unberechtigtes an diesem Vorwurf ist, sollte er doch Anlass zur Gewissenserforschung sein: Leben wir wirklich das, was wir in der heiligen Eucharistie feiern? „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir“, so bekennen wir in der heiligen Messe. Diese Verkündigung des Todes Christi ist dank seines Vermächtnisses am Abend vor seinem Leiden mächtig, seinen Tod für uns gegenwärtig werden zu lassen. Zugleich preisen wir seine Auferstehung, die auf sakramentale Weise ebenfalls in die Gegenwart hinein wirkt. Der Tod ist die radikalste Wirklichkeit im menschlichen Leben. Deshalb werden wir bei der Feier des Todes Christi radikal gefordert. Sie vollzieht sich nicht außerhalb unseres eigenen Selbst. Die Vergegenwärtigung des Paschamysteriums Christi, seines Hindurchganges durch den Tod in die Herrlichkeit des Vaters, will uns in dieses Geheimnis mithineinnehmen. Tod und Auferstehung des Herrn vollziehen sich an uns, und wir wollen als mit Christus gestorben und auferstanden fortan leben. Das wird noch deutlicher, wenn wir die Eucharistiefeier in sich betrachten: Vielfach ist es üblich geworden, dass die Gläubigen die Hostie selbst in die Opferschale legen. Das Brot der Hostie ist in zweifachem Sinne Symbol. Es ist Symbol für Christus als das Brot für das Leben der Welt. Die Hostie ist aber auch Symbol für die Christen. In ihr legt er sich selbst als Opfergabe mit Christus auf den Altar. Die Verwandlung des Brotes in den Leib des Herrn weist darum auch auf die Verwandlung des Christen hin, die durch die Eucharistiefeier geschehen soll. Er wird hineinverwandelt in Christus, hinaufgewandelt in ein höheres Sein, aufgenommen in das Herz des Herrn. Aus dem Herzen des Herrn soll er nunmehr leben. So kann der Christ die Worte der Wandlung, die von Christus gemeint sind, ebenso auf sich beziehen. Jesus sagt auch im Hinblick auf uns Menschen: „Nehmt und esset alle davon, das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.“ Die Menschen dürfen uns nehmen und „essen“. Wir sind deren Diener an Christi statt. Wir sollen ihnen die Füße waschen, unser Leben und Sterben auffassen als Leben und Sterben für andere nach Christi Beispiel. Das bedeutet, dass wir nicht nach Eigensinn und Laune unser Leben gestalten dürfen, sondern nach dem Heilswillen Gottes. Wir müssen es erleben, dass unsere Pläne und Wünsche oftmals durchkreuzt werden, dass wir dorthin geführt werden, wohin wir nicht wollen, dass wir sterben wie das Weizenkorn. Aber wir dürfen auch glauben, dass wir dadurch viel Frucht bringen und zur Rettung der Menschen beitragen. Der Sinn unseres Lebens erfüllt sich, wenn wir mit Christus hingegeben werden für das Heil der Welt. Adrienne von Speyr sagt: Es gibt jene unerhörte Möglichkeit, dem Bruder betend das Leben zu erwirken, „in der Gemeinschaft mit dem Sohn, der sich selber verströmt und dabei den glaubenden Beter mit verströmt. Dazu ist er ja Mensch geworden, nicht nur um den Menschen das ewige Leben zu bringen, sondern um ihnen Anteil zu geben an seinem Bringen des ewigen Lebens“. So muss sich der Christ durch Christus eucharistisch verteilen lassen an die Menschen. Das Symbol des durchbohrten Herzens wird auch zum Symbol für den Christen. Er ist berufen zur Liebe bis zum Ende, zu einer Liebe, die vor der Erniedrigung nicht zurückscheut. „So müssen auch wir das Leben hingeben für die Brüder“ (1 Joh 3, 16). Dadurch wirk sich in unserem Leben aus, dass wir auf den Tod des Herrn getauft sind und in der neuen Wirklichkeit der Auferstehung leben. Welche Konsequenz das für einen Christen mit sich bringen kann, wird deutlich am Schicksal derer, die der Herr zur Gnade des Martyriums beruft. Ein Hymnus (Neues Stundenbuch, Bd. 2) drückt aus, wie Christus in ihnen gekreuzigt und zerstochen, aber auch wie fruchtbar ihre Lebenshingabe wird:

„Ihr habt gestritten und widerstanden bis aufs Blut. Sanft wie das Lamm. Ihr seid sein gekreuzigter Leib, sein zerstochenes Herz. Halleluja.

Ihr habt erlitten und siegend bestanden den Tod. Aus euren zerbrochenen Leibern, zerschossenen Herzen, bricht Gott aus, das Leben, strömt Himmel auch in uns ein Halleluja!“

Die heilige Eucharistie ist so buchstäblich eine todernste Gegebenheit. Dennoch wir sie mit großer Freude feiern und dabei das Brot des Lebens mit dankbarem Herzen genießen. Die Eucharistie ist mit dem Schluss der Messfeier nicht beendet. Sie will das Leben vollzogen werden. Dazu weiht und befähigt uns das sakramentale Eingehen in den Tod und die Herrlichkeit. Es gestaltet uns immer mehr um zu neuen Menschen, die beitragen, das Antlitz der Erde zu erneuern. Wenn wir uns von dem Strom der Hingabe Christi an en Vater ergreifen lassen, erfüllt der Herr an uns, was er durch den Propheten Ezechiel sagt: „Ich schenke euch ein neues Herz und gebe euch einen neuen Geist. Ich nehme das Herz von Stein aus euer Brust und gebe euch ein Herz von Fleisch. Meinen Geist lege ich in euer Inneres und bewirke, dass ihr nach meinen Gesetzen lebt und meine Gebote achtet und erfüllt“ (Ez 36, 26 f). In dieser Bereitschaft, unser Herz nach dem Herzen des Herrn umgestalten zu lassen, sollten wir auch vor Christus im Tabernakel und in der Monstranz knien. Wir beten den Herrn an, der dem Vater hingegeben ist für uns. Anbetung „im Geist und in der Wahrheit“ kann sich nur in der Haltung der Hingabe vollziehen; mit den Worten des heiligen Nikolaus von Flüe ausgedrückt:

„Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir!“

„Die heilige Eucharistie ist das intensivste Ereignis der Kirche“ - (K.R.)

Für uns sollte sie zum intensivsten Ereignis des Lebens werden. Dann wird sie auch von fundamentaler Bedeutung für die Menschheit und die Welt. Quelle: Auf den schauen den sie durchbohrt haben – Hans Brinkmann – Johannes-Verlag – Leutesdorf am Rhein