Fatima: Mit der Herde auf die Berge
Mit der Herde auf die Berge
Unterdessen war Lucia acht Jahre alt geworden. Nun schien es
ihrer Mutter an der Zeit, dem Kinde eine Arbeit zuzuweisen. Sie bestimmte, dass
ihr Töchterchen von jetzt an für die Herde zu sorgen habe. Lucia teilte ihren
kleinen Freunden die Neuigkeit mit:
„Jetzt können wir
nicht mehr miteinander spielen . . .“
Doch die Kleinen konnten sich nicht dareinfinden, die
Gespielin entbehren zu müssen, und baten ihre Mutter, ihnen zu erlauben, mit
Lucia Schafe hüten zu gehen. Die Mutter wollte anfangs nichts davon wissen,
doch die Kinder baten so inständig, dass Frau Olimpia schließlich nachgab und
ihnen einige Schafe aus ihrer Herde anvertraute, die sie auf die Weide führen
sollten. Von diesem Tage an stiegen die drei Hirtenkinder jeden Morgen so froh
und heiter mit der Herde zu Berge, als ob es zu einem Feste ging. Niemals jedoch verließen sie das Haus, ohne
vorher das Vaterunser und eine Empfehlung an den Schutzengel gebetet zu haben,
wie die Mutter es sie gelehrt hatte.
Welch ein herrliches Leben führten sie in der freien Natur!
Die neue Umgebung bot ihnen Anregung zu neuen Spielen. So machte es Jacinta
große Freude, in den Tälern den Widerhall ihrer eigenen Stimme zu hören. Darum
kletterte sie gern auf einen Felsen und rief mit lauter Stimme alle Namen, die
ihr nur einfielen. „Am besten klang der Name Maria zurück. „Oft rief Jacinta
das ganze Ave Maria Wort für Wort in die Berge hinein, damit es im Echo
widerklinge.
Franciscos Lieblinge waren die Vögel; großmütig teilte er
sein Vesperbrot mit ihnen. Und wenn sie nach der Mahlzeit davongeflattert waren
und in den Zweigen sangen und zwitscherten, dann sang und pfiff er mit ihnen um
die Wette. Niemals duldete er, dass man ein Nest anrührte. Als er einmal einen
Knaben sah, der einen Stieglitz gefangen hatte, kaufte er den Vogel für zwei
Batzen – das war sein ganzes Vermögen! – und ließ ihn frei. „Gib Acht!“ – rief
er ihm nach –, „lass dich nicht noch einmal fangen!“
Sein gütiges Herz zeigte sich jedoch auch bei andern
Gelegenheiten. Oft trafen sie auf der Weide eine alte Frau, der eine kleine
Herde anvertraut war. Nun kam es häufig vor, dass sich die Tiere zerstreuten;
da macht es der armen Alten mit den steif gewordenen Beinen große Mühe, sie
wieder zusammenzuholen. Wenn die Kinder gerade in der Nähe waren, lief
Francisco sofort hin, um ihr zu helfen; und wenn die Schafe wieder beisammen
waren, wollte er keinen Dank und ging davon. Die gute Alte nannte ihn ihren
kleinen Schutzengel.
Jacinta liebte die kleinen weißen Lämmer sehr; oft drückte
sie die Tierchen ans Herz, und am Abend trug sie sie auf den Armen nach Hause,
damit sie nicht müde würden.
Als die Kinder eines Tages auf dem Heimweg waren, lief
Jacinta den Gefährten voraus und schritt mit einem Lämmchen auf den Arm
inmitten der Herde dahin.
„Jacinta, was machst
du denn unter den Schafen?“
„Ich mache es wie
Jesus auf dem Bild, das ich bekommen habe; er geht zwischen den Schafen und
trägt eines auf dem Arm.“
Die Kinder sollten jeden Tag nach der Vesper den Rosenkranz
beten, jedes allein für sich, und sie gehorchten pünktlich dem ehrlichen
Auftrag. Doch manchmal fehlte dann die Zeit zum Spielen …
Was war da zu machen? Den Rosenkranz nicht beten? Das ginge
gegen das Gewissen. Was sollten sie also tun? Sie überlegten und überlegten. Und
schließlich machten sie eine „geniale Erfindung“, die es ihnen ermöglichte,
weder die Andachtsübung zu unterlassen noch aufs Spielen zu verzichten. Sie
nahmen den Rosenkranz zur Hand und machten ein schönes Kreuzzeichen; bei der
ersten Perle sagte eines von ihnen nur die zwei Worte: Ave Maria; die andern
antworteten bei der nächsten Perle ebenfalls nur: Ave Maria; bei den großen
Perlen sagten alle drei: Vater unser; und so ging es bis zum Ende. Noch ein
schönes Kreuzzeichen und der Rosenkranz war beendet; kaum eine Minute hatte er
gedauert. Nun konnte man mit gutem Gewissen weiterspielen.
Quelle: Maria spricht zur Welt – Geheimnis und
Weltgeschichtliche Sendung Fatimas – L. Gonzaga da Fonseca – Tyrolia-Verlag –
Innsbruck – Wien – München
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