Fragen zur Familiensynode 2015 - II

II. Die Vorbereitung der Synode über die Familie 2014


7. FRAGE: Wie entstand das Projekt der Synode zum Thema Familie?

ANTWORT: Am 11. Mai 2013 veröffentlichte der Päpstliche Rat für die Familie das „Vorbereitungsdokument“ zur 3. außerordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode über das Thema Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung, die im Vatikan vom 5. bis 19. Oktober 2014 stattgefunden hat. Die Außerordentliche Versammlung sollte nach dem Wunsch des Papstes die Ordentliche Versammlung vorbereiten, die vom 4. bis 25. Oktober 2015 im Vatikan stattfinden soll. Es handelt sich also um eine Synode zum Thema Familie, aufgeteilt in zwei Phasen, die im Abstand von einem Jahr abgehalten werden sollen.


8. FRAGE: Welcher Gedanke lag der Synode ursprünglich zugrunde?

ANTWORT: Die Organisatoren der Synode wollten ein konkretes Bild der Situation der Familie in der modernen Gesellschaft erhalten, um neue theologische und pastorale Ansatzpunkte zu identifizieren.
Die Relatio Synodi, das Schlussdokument der Synode 2014, hebt die Wichtigkeit des „Zuhörens“ hervor, um die Realität der Familie in der heutigen Zeit, in ihrer Vielschichtigkeit, mit allem Licht und Schatten, erkennen zu können“ (Relatio Synodi, Einleitung, Absatz 4).


9. FRAGE: Worin bestand dieses „Zuhören“?

ANTWORT: Um die konkrete Situation der Familie in der modernen Gesellschaft kennenzulernen und ihre Bedürfnisse zu verstehen, wurde vor der Synode 2014 ein Fragebogen erstellt, als Anlage zum Vorbereitungsdokument, der allen Bischöfen und etlichen katholischen Organisationen weltweit zugeschickt wurde, um auf diese Weise Vorschläge zu sammeln, die das „Volk Gottes“ selbst formuliert hatte.


10. FRAGE: Wurde dieser Fragebogen so formuliert, dass dadurch eine wahrheitsgetreue und vollständige Sicht der aktuellen Situation der Familie möglich war?

ANTWORT: Wie wir weiter unten sehen werden, haben renommierte Experten auf den Fragebogen mit einer gewissen Verwirrung reagiert und darauf hingewiesen, dass viele wichtige Tatsachen und Probleme ausgeklammert wurden, während andere nur teilweise oder verzerrt dargestellt wurden. Man konnte jedoch in den Lineamenta und im neuen Fragebogen für die Synode 2015 feststellen, dass die heikelsten Themen auf eine Weise dargestellt wurden, die darauf abzielt, ihre Wichtigkeit zu reduzieren. Es kann aber natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass sie überraschend wieder auftauchen, wie dies ja schon bei der Synode 2014 der Fall war.


11. FRAGE: Soll das bedeuten, dass die Fragen des Fragebogens zur Synode 2014 nicht auf die echten und entscheidenden Probleme der Familie eingegangen sind?

ANTWORT: Einige Fragen des Fragebogens zur Synode 2014 wurden offensichtlich in der Absicht formuliert, ganz bestimmte Antworten zu bekommen, die nur eine Teilansicht der Realität wiedergeben. Medieninformationen zufolge konzentrierten sich tatsächlich viele der Antworten, die - vor allem aus bestimmten europäischen Ländern - der Synode zugeschickt wurden, auf die Randfragen, während den zentralen Fragen eher weniger bis keine Bedeutung beigemessen wurde; Fragen des Gefühls wurden über lehramtliche Fragen gestellt, pathologische Situationen über normale Zustände. Kurz gesagt, das Bild der Familie, das sich aus den Antworten ergab, scheint nicht der Realität zu entsprechen, sondern viel eher den Vorstellungen gewisser säkularistischer Kreise, die durch die Propaganda der Massenmedien verbreiteten werden.
Andererseits, „Familien, die in der häuslichen Gemeinsamkeit ihre menschliche und christliche Lebensberufung verwirklichen […] gibt es zahlreiche in jeder Nation, Diözese und Pfarrei! […] So darf man vernünftigerweise annehmen, dass sie ,die Regel‘ darstellen“ (hl. Johannes Paul II., Gratissimam sane, 2. Februar 1994 Nr. 5).


12. FRAGE: Gibt es ein Beispiel dafür?

ANTWORT: Ein Beispiel für diese Einseitigkeit ist der dritte Teil der Relatio Synodi, mit der Überschrift Die Auseinandersetzung: pastorale Perspektiven. Hier werden verschiedene Arten von Paaren beschrieben, für die jeweils eine eigene Pastoral ausgearbeitet werden soll. Die Aufmerksamkeit, ausgedrückt in Prozent, die jeder der folgenden Kategorien gewidmet wurde, stellt sich wie folgt dar:
Verlobte: 7%
Verheiratete: 7%
Zivilehe oder Zusammenleben ohne Trauschein: 17%
Geschiedene/Wiederverheiratete: 61%
Homosexuelle: 7%
„Die breite Problematik des Themas [der Familie] wird in der Tat auf eine einzige Frage reduziert, die, so wichtig sie auch sein mag, eigentlich nur von marginaler Bedeutung und auf jeden Fall zweitrangig ist – der Empfang der Eucharistie durch geschiedene Wiederverheiratete –, obwohl es doch wesentlich wichtiger wäre, die vorgelagerten Probleme zu diskutieren: wieso diese Personen sich überhaupt in einer Situation befinden, in der ihnen die Teilnahme an der Eucharistie verweigert werden muss – mit anderen Worten: der Sinn der christlichen Eheschließung und die besonderen Eigenschaften einer solchen Verbindung“ (Kardinal Velasio De Paolis, Die wiederverheirateten Geschiedenen und die Sakramente der Eucharistie und der Buße, ebda. S. 7).
Wie Kardinal De Paolis in seiner erwähnten Ansprache erwähnt, hat Kardinal Philippe Barbarin, Erzbischof von Lyon, vor der Presse gesagt, dass die Bischöfe zwar zur Synode berufen worden sind, um über die Ehe zu sprechen, sich aber auf einmal gezwungen gesehen hätten, über die wiederverheirateten Geschiedenen zu diskutieren.


13. FRAGE: Welche Familien sind dann heute in Not und brauchen Hilfe und Schutz?

ANTWORT: Viele Arten von Familien stehen heute vor echten und ernsthaften Problemen. Denken wir nur an die Familien, die den Angriffen gegen ihre moralische Integrität oder gegen die christliche Erziehung ihrer Kinder standhalten müssen (wie zum Beispiel der Indoktrinierung der Kinder in den Schulen im Rahmen des sogenannten „Gender Mainstreaming“); an die kinderreichen Familien, die keine angemessene Hilfe und Unterstützung von den öffentlichen Stellen erhalten (und manchmal auch von ihren Hirten nicht unterstützt werden). Denken wir an Familien, die sich in finanzieller oder psychologischer Not befinden, wie etwa Alleinerziehende, wo ein alleingebliebener Vater oder eine alleingebliebene Mutter nicht ohne Hilfe überleben kann oder von den Kindern getrennt wurde; denken wir an Familien mit behinderten oder drogenabhängigen Kindern, an die Familien, die durch Konflikte oder Skandale zerrissen wurden, an Menschen, die aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen wurden, die wegen ihres Glaubens verfolgt werden, ungerecht diskriminiert werden oder aus politischen Gründen im Asyl leben müssen (vgl. hl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio, Nr. 77).
Das sind die Familien, die in echter Not leben und denen von der Synode vorrangig Beachtung geschenkt werden sollte. Außerdem, „muss aber auch der Wert des Zeugnisses jener Eheleute Anerkennung finden, die, obwohl sie vom Partner verlassen wurden, in der Kraft des Glaubens und der christlichen Hoffnung keine neue Verbindung eingegangen sind. (…) Aus diesem Grund schulden ihnen die Hirten und Gläubigen der Kirche Ermutigung und Hilfe.“ (hl. Johannes Paul II., Familiaris Consortio, Nr. 20).


14. FRAGE: Welche sind die am häufigsten gebrauchten Wörter im Fragebogen und in den synodalen Texten?

ANTWORT: Nach dem Wort Familie, das natürlich das meistgebrauchte ist, kommen vor allem Leben, Liebe, Pastoral, Barmherzigkeit, Zuneigung, Frau besonders häufig vor. Das Wort Doktrin (Lehre) erscheint nur drei Mal in nebensächlichen Kontexten; die Wörter Moral (Sitten), Tugend, Treue und Keuschheit werden nur einmal erwähnt. Wichtige Ausdrücke zum Thema Familie wie Verlobung, Ehebruch, Verhütung, Abtreibung kommen überhaupt nicht vor. (vgl. Enrico Cattaneo, Non solo famiglia. Ecco le parole chiave del Sínodo [Nicht nur Familie. Die Schlüsselwörter der Synode], in La Nuova Bussola Quotidiana, 3.2.2015).


Quelle:
„Vorrangige Option für die Familie“
100 Fragen und 100 Antworten im Zusammenhang mit der Synode
von S.E. Erzbischof Aldo di Cillo Pagotto SSS, S.E. Bischof Robert F. Vasa und S.E. Weihbischof Athanasius Schneider