Gegrüßet seist du Königin, Mutter der Barmherzigkeit - II


Unser Vertrauen zu Maria muß groß sein, weil sie die Königin der Barmherzigkeit ist.

Maria ist Königin; aber Jeder soll zu seinem Troste wissen, dass sie eine ganz gütige und milde Königin ist, und geneigt, uns Elenden Gutes zu tun. Deswegen will die heilige Kirche, dass wir in dem Salve Regina sie als „Königin der Barmherzigkeit“ begrüssen. Schon der Name Königin bedeutet nach Erwägung des seligen Albertus Magnus Güte und Sorgfalt für die Armen, zum Unterschiede von dem Namen Herrscherin, welcher Strenge und Härte ausdrückt. Die Größe des Königs und der Königin, sagt Seneca, besteht darin, dass sie den Elenden zu Hilfe kommen. Das ist auch die Ursache, warum bei Krönung der Könige ihr Haupt mit Öl, dem Sinnbilde der Barmherzigkeit, gesalbt wird, um anzudeuten, dass sie beim Regieren vor Allem die Gesinnungen der Güte und des Wohlwollens gegen ihre Untertanen in sich nähren sollen.
So sollen also die Könige sich vorzugsweise mit der Übung der Barmherzigkeit befassen; doch nich so, dass sie die Handhabung der Gerechtigkeit gegen die Schuldigen, wo diese notwendig ist, außer Acht lassen. Nicht so Maria, die, wenngleich Königin, doch nicht Königin der Gerechtigkeit und somit auf die Züchtigung der Übeltäter, sondern als Königin der Barmherzigkeit auf Milde und Vergebung für die Sünder bedacht ist. Darum will die heilige Kirche, dass wir sie ausdrücklich Königin der Barmherzigkeit nennen.

Aus den Herrlichkeiten Mariäe von hl. Alfons Maria von Liguori