Hat Gott uns verlassen?


Es ist kein Zweifel, dass auch das christliche Abendland mehr und mehr unter dem Geist der Zersetzung steht. Hat uns Gott verlassen? Wo sind noch echte Zentren der Besinnung und Kraft? Schon längst versagen die Staatsmänner und Diplomaten. Gibt es noch irgendwelche Mächte, die uns einen Blick der Zuversicht gewähren in die Zukunft? Schon allein nach dem Wahnwitz der Rüstungen zu urteilen, stehen wir vor einer Katastrophe von unausdenkbarem Ausmaß.
Was bleibt noch zu tun? Wo ist noch ein wahrer Ansatz zum Frieden? Es muss hier mit brutaler Offenheit gesagt werden:
Wenn wir nicht in kurzer Frist eine radikale Umkehr erleben — der Staatslenker, der Völker, der Einzelnen — dann rasen wir alle in kürzester Zeit in den Abgrund. Die allernächste Zeit wird entscheidend werden.
Was tun wir Christen, wir Katholiken angesichts einer solchen Lage?
Wahrlich, es wäre höchste Zeit, dass wir uns alle, Priester wie Laien, besinnen und gegen die doppelte Flut anstemmen.
Aber wo ist der klare Blick, der Bekennermut, wo die Erkenntnis, was wirklich die Ursache des mangelnden religiösen Einflusses in der Welt ist?
Wir haben die Bibel und Sakramente, wir haben die liturgische und die Jugendbewegung — und doch versagt unser Christentum. Mühsam hält es sich noch in unseren Sakristeien, in unseren zusammengeschrumpften Pfarreien und Vereinen. Aber die große Welt kümmert es nicht.

Quelle: Johannes Maria Höcht: „Fatima und Pius XII. – Maria Schützerin des Abendlandes“. Credo-Verlag Wiesbaden, 1959