Heimfahrt
Mai – Fest Christi Himmelfahrt
Wieder schritt Jesus mit seinen Aposteln durch die Straßen Jerusalems. Schweigend stiegen sie die winkeligen Treppengassen hinab, die ins Tal des Kedron führten, überquerten den Fluß und wanderten, wie schon so oft, dem Ölberg zu. An jene Nachtstunde mußten die Jünger denken, in der sie ihrem Herrn auf dem gleichen Weg gefolgt waren. Aber jetzt war es heller, leuchtender Tag. Eine goldene Flut von Licht zitterte über Jerusalem, über dem marmornen Tempel, über den weiten Feldern, auf denen die Ähren unter der Sichel der Schnitter sanken. Sommer war es, strahlender Erntetag, Tag der Vollendung. War es ein Wunder, daß die Hoffnung durch die Herzen der Apostel ging, dieser Tag würde die große. Heilige Erfüllung ihrer glühendsten Wünsche bringen? Nie zuvor hatte ihnen eine solche Hoheit, ein solcher Glanz aus dem königlichen Antlitz Jesu entgegengestrahlt. Wie am Morgen der Verklärung war es den drei Erwählten zumute, die auf Tabor zugegen waren. So geschah es, daß sie sich an den Herrn mit der Frage drängten: „Herr, richtest du in dieser Zeit das Reich Israel wieder auf?“ Er aber schaute sie an und sprach: „Euch kommt es nicht zu, Zeit und Stunde zu kennen, die der Vater in seiner Macht festgesetzt hat. Doch werdet ihr die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch herabkommt, und sollt meine Zeugen sein in Jerusalem, in ganz Judäa und Samaria, ja bis an die Grenzen der Erde. So bleibet denn in der Stadt, bis ihr mit der Kraft aus der Himmelshöhe ausgerüstet seid!“ Inzwischen sind sie in dem Olivenhain von Gethsemani angelangt. Ist nicht noch das Gras gerötet vom Blutschweiß des Herrn, zertreten von der Rotte der Häscher? Umzittert nicht noch der Widerhall jener Worte, die Christus in seiner Todesangst zum Vater rief, die uralten Bäume? Hängt nicht noch ein letzter Schatten jener dunklen Stunde in ihrem Geäst? Doch nein, es ist heller Tag. Eine Fülle goldenen Lichtes bricht durch den Garten. Glanz fließt von allen Himmeln, strömt aus der Höhe in Strahlenbündeln, verklärt das Antlitz des Herrn, hüllt ihn ein wie in ein schimmerndes Gewand. Die Stunde von Tabor ist wieder da! Springt nicht der Himmel auf, Moses und Elias herniederzusenden?
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