Herzog Michael
Die Geheime Offenbarung erzählt, wie sich Sankt Michael
in heiligem Zorn gegen den Drachen, gegen Satan, erhob, als er die erste
Christengemeinde in teuflischer Wut zu vertilgen sich mühte. Damals erscholl im
Himmel der Jubelruf: „Jetzt ist das Heil und die Kraft und das Reich unserm
Gott geworden und die Macht seinem Gesalbten. Denn hinausgeworfen ist der
Ankläger unserer Brüder, der sie verklagte Tag und Nacht vor unserem Gott!“
So erklärt es sich, weshalb Sankt Michael zum Beschützer des
Christenvolkes und der katholischen Kirche erkoren wurde. Auch die christlichen
Heere, die gegen Türken und Ungläubige zu Felde zogen, erwählten ihn gern als
ihren Bannerträger. Das alte Heilige Römische Reich Deutscher Nation hatte den mächtigen
Himmelsfürsten und Feldmarschall Gottes zum Schutzherrn erwählt. In der
siegreichen Ungarnschlacht auf dem Lechfeld (955) wehte das Banner des hl.
Michael dem deutschen Heere voran, und die Streiter stimmten den Schlachtgesang
an:
O unbesiegbar starker Held, Herzog Michael!
Führ du das deutsche Heer ins Feld, Herzog Michael!
Du, unser Führer in dem Streit,
Beschirmest treu die Christenheit. Kyrie eleison!
Bei unseren Vorfahren trat Sankt Michael, der
schwertbewehrte, streitbare Held, an die Stelle des Heidengottes Wodan, den sie
sich auch als Kriegsgott in glänzendem Waffenschmuck dachten. Verschiedene Übereinstimmungen
finden sich: der Götteroberste Wodan führte nach dem Glauben der Germanen das
Seelenheer der Abgeschiedenen.
Die christliche Kirche lässt Sankt Michael die Seelen der
Abgeschiedenen in das Reich des Lichtes geleiten. Wie Wodan der Gott des
Totenreiches war, so wurde auch Sankt Michael Totenheiliger. Viele
Friedhofskapellen tragen seinen Namen. Die alten Deutschen hielten im Herbst
große Gerichtstage (Michelthing; thing = Gerichtstag, michel = groß).
Nach christlicher Überlieferung spielt Sankt Michael beim
großen Gericht über die Seelen eine wichtige Rolle: Er wägt die Seelen der
Toten. In der alten Sage tritt der Totengott Wodan mitunter als Fährmann auf.
Seen und Teiche galten ja als beliebte Aufenthaltsorte der Seelen
Abgeschiedener. Auch da wieder ein ähnlicher Zug in der Sankt Michael-Verehrung!
Beim Offertorium des Seelengottesdienstes betet der Priester, „Christus möge
die armen Seelen aus dem tiefen See befreien, und der Fahnenträger Michael, der
Führer der himmlischen Heerscharen, geleite sie zum heiligen Lichte.“
An Michaeli, das so recht einladend auf den Schluss der
harten Erntearbeit fällt, wurde früher vielfach Kirchweih gefeiert. Ein alter
Spruch heißt: An Michaeli ist Kirchweih im Himmel und auf Erden. Da durfte die
Bäuerin weder Schmalz noch Eier sparen. „Zu Micheli“, hieß es im
Niederbayerischen, „ist Kirchweih auf’m Herd, unterm Herd und in der ganzen
Welt, da muss die Bäuerin Kücheln backen.“ Der Feiertag wurde auch meist
tüchtig mit Wein begossen. Ein alter Kalenderspruch sagt: „Micheliwein —
Herrenwein; Galliwein — Bauernwein.“
Aus „Kirche und Leben“, Alphons Maria Rathgeber, Verlag
Albert Pröpster, Kempten im Allgäu, 1956
Helfen Sie uns mit einer Spende, die Andacht zu Muttergottes in Deutschland zu verbreiten.
Wir brauchen Ihre Hilfe!
Ihre Spende hilft uns dabei, unsere Website am Laufen zu halten. Nur hier können wir unsere Botschaft ohne Zensur verbreiten.