Jesus zu den anderen tragen

Die Gottesmutter begleitet uns jeden Tag in unserem Gebet. In diesem Jahr der Eucharistie, das wir derzeit begehen, hilft uns Maria vor allem, das erhabene Sakrament der Eucharistie zu entdecken. Der geliebte Papst Johannes Paul II. hat uns in seiner letzten Enzyklika Ecclesia de Eucharistia Maria in ihrem ganzen Leben als „eucharistische Frau“ vorgestellt (vgl. Nr. 53). Sie war im tiefsten Innern „eucharistische Frau“, schon in ihrer inneren Haltung: bei der Verkündigung, als sie sich selbst für die Menschwerdung des Wortes Gottes anbot, dann unter dem Kreuz und bei der Auferstehung: und sie war „eucharistische Frau“ in der Zeit nach Pfingsten, als sie im Sakrament jenem Leib empfing, den sie im Schoß empfangen und getragen hatte. Heute wollen wir mit er Liturgie insbesondere das Geheimnis des Besuches de Jungfrau bei der hl. Elisabeth betrachten. Maria begibt sich zu ihrer betagten Cousine Elisabeth, von der alle sagten, sie sei unfruchtbar, und die doch im sechsten Monat einer von Gott geschenkten Schwangerschaft stand (vgl. Lk 1,36), und Maria trägt in ihrem Schoß den soeben empfangenen Jesus. Sie ist eine junge Frau, aber sie hat keine Angst, denn Gott ist mit ihr, er ist in ihr. In gewisser Weise können wir sagen, dass ihr Weg – und das unterstreichen wir gerne in diesem Jahr der Eucharistie – die erste „eucharistische Prozession“ der Geschichte war. Als lebendiger Tabernakel des fleischgewordenen Gottes ist Maria die Bundeslade, in der der Herr sein Volk besucht und erlöst hat. Die Gegenwart Jesu erfüllt sie mit Heiligem Geist. Als sie in das Haus von Elisabeth eintritt, ist ihr Gruß von Gnade durchströmt: Johannes hüpft vor Freude im Mutterleib, weil er gleichsam die Ankunft dessen spürt, den er einmal dem Volk Israel ankündigen wird. Es freuen sich die Kinder, und es freuen sich die Mütter. Diese von der Freude des Heiligen Geistes durchdrungene Begegnung findet ihren Ausdruck im Gesang des Magnifikat. Ist dies nicht auch die Freude der Kirche, die Christus in der heiligen Eucharistie unaufhörlich empfängt und ihn in die Welt trägt durch das Zeugnis der tätigen Nächstenliebe, die von Glaube und Hoffnung erfüllt ist? Ja, Jesus empfangen und ihn zu den anderen zu tragen, das ist die wahre Freude des Christen! Liebe Brüder und Schwestern, folgen wir Maria, und ahmen wir sie nach, ihre tief eucharistische Gesinnung, und unser ganzes Leben kann ein Magnifikat (vgl. Ecclesia de Eucharistia, 58), ein Lobpreis Gottes, werden. - Ansprache des Papstes Benedikt XVI. zum Abschluss des Marienmonats, 31. Mai 2005 – Lourdes Grotte in den Vatikanischen Gärten. w2.vatican.va Copyright 2005© Libreria Editrice Vaticana