Maria duldet still
Von
jenem Tage an, da der heilige Greis Simeon ihr vorhersagte, daß „ein Schwert
ihre Seele durchdringen würde“, warf der große Opferakt von Golgotha seine
Schatten auf ihre Seele und versenkte sie in tiefen Leid.
„Wenn die Schmerzen der Seele unvergleichlich
größer sind als die des Körpers“ und wenn die Liebe das Maß der Leiden ist,
welche Schmerzen mussten dann nicht ihre Seele durchfluten, als sie sah, wie
ihr göttliches Kind in einer solchen
Armut zur Welt kam und schon bald von König Herodes verfolgt wurde, als sie
nach Ägypten fliehen und sich jahrelang in einem Land aufhalten musste, wo sie
rings von Götzendienern und Götzentempeln umgeben war. Wie litt sie innerlich
so schwer, als sie ihren zwölfjährigen Jesus verlor und drei Tage lang nach ihm
suchen musste! Und als er seine apostolischen Wanderungen machte, beständig die
Zielscheibe des Hasses der Pharisäer war, die ihn als Volksverführer
brandmarkten, ihn einen vom Teufel Besessenen nannten, als einen
Gesetzesverächter verschrien, sogar Mordanschläge gegen ihn schmiedeten, wie
duldete und litt sie da mit ihm!
Aber was musste sie noch alles leiden in den
düsteren Schmerzenstagen der großen Passion! „O Jungfrau“, ruft der hl.
Bonaventura aus, „außer den Schmerzen deines Sohnes ist kein Schmerz gleich dem
deinen! Seine Wunden, seine Schmach und seine Todesangst waren auch deine
Wunden, deine Schmach und deine Todesangst. Du bist Märtyrin geworden durch das
Martyrium deines Sohnes, du wurdest verwundet durch seine Wunden, gekreuzigt
durch seine Kreuzigung, dasselbe Schmerzensschwert hat euch beide durchbohrt.“
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