Maria Goretti, eine Heilige für unsere Tage
„Tu es nicht, Alessandro, das ist Sünde, du kommst in die Hölle“
Als drittes von sieben Kindern wurde Maria
am 16. Oktober 1890 in Corinaldo (Mittelitalien) geboren. Ihre Eltern gaben die
kleine Landwirtschaft, die nicht für die Ernährung der Familie ausreichte, auf
und zogen 1899 nach Fierriere di Conca bei Nettuno (zwischen Neapel und Rom).
Der Vater verstarb kurze Zeit darauf an Malaria, und die Mutter führte allein
mit ihren sieben Kindern die Landwirtschaft weiter.
Maria, die älteste
Tochter, besorgte den Haushalt, kümmerte sich um ihre Geschwister und sorgte
auch für den Mitpächter Serenelli und dessen Sohn. Dieser Sohn, namens
Alessandro, machte ihr unsittliche Anträge, die Maria aber immer wieder
abwehrte. Verärgert und wütend über ihr Verhalten, packte er sie an einem
Samstag und zog sie in seinen Schlafraum. Als Maria sich wehrte, stach er
mehrmals mit einem Messer zu und verletzte sie tödlich.
Maria starb einen
Tag später, am 6. Juli 1902, im Krankenhaus zu Nettuno.
Was muß sie für ein
Kind gewesen sein, wenn ihre Mutter von ihr sagen konnte: „Immer, immer, immer
ist Maria gehorsam gegen mich gewesen!“ Und: „Nie hat sie mir freiwillig Kummer
gemacht. Wurde sie bisweilen, auch wenn sie es nicht verdient hatte, für einen
unfreiwilliges Versäumnis gescholten, so war sie darüber nicht ungehalten und
brachte keine Entschuldigungen vor, sondern sie blieb ruhig und voller Achtung
ohne eine Miene zu verziehen.“
Ihr Mörder stellte
ihr später das schöne Zeugnis aus: „Ich habe sie nicht anders gekannt als gut,
den Eltern gehorsam, gottesfürchtig, ernst, nicht leichtsinnig und launenhaft
wie andere Mädchen; auf der Straße war sie immer bescheiden und ausschließlich
darauf bedacht, die empfangenen Aufträge auszuführen. Sie war mit jedem
Kleidungsstück zufrieden, das ihre Mutter ihr machte oder das irgendeine Frau
ihr schenkte. Nach dem Vorbild ihrer Eltern war sie gottesfürchtig und
beobachtete Gottes Gebet, ich kann nicht sagen, daß ich sie je bei einer
Übertretung von Gottes Gebet ertappt habe. Ich habe sie nie eine Lüge sagen
hören. Sie mied gefährliche Gesellschaft, wie ihre Mutter es ihr anbefahl.“
Alessandro
Serenelli erzählte später auch, wie sie an Regentagen oder während der Stunden,
wo es weniger zu tun gab, zwischen den Arbeiten, immer wieder mit dem Rosenkranz
gesehen wurde. Ihre Freundin Therese sagte aus, daß „man sehen konnte, daß sie
ein Mädchen war, das zum göttlichen Heiland besonders hingezogen wurde“.
Die heilige
Kommunion und die unaussprechliche Not der letzten Wochen hatte ihr Gnadenleben
zur Reife gebracht und das Martyrium als Blüte der Frucht gezeitigt.
Wie sie zutiefst
fühlte und dachte, zeigt ihr Verhalten in den letzten vierundzwanzig Stunden
ihres Lebens. Sie war eilend ins Hospital nach Nettuno geschafft worden. Die
Ärzte operierten zwei Stunden; Maria war bei vollem Bewußtsein, sie rief nur
immer wieder Jesus und Maria an. Als man sie fragte, ob sie ihrem Mörder
verzeihe, antwortete sie sofort: „Gewiss verzeihe ich ihm. Vom Himmel aus werde
ich für seine Bekehrung beten. Um Jesu willen, der dem reumütigen Schächer
verziehen hat, will ich ihn auch nahe bei mir im Paradiese haben“.
In ihren Wundfieber
erlebte sie ihren Kampf mit Alessandro immer wieder von neuem. Und ihre
Phantasien zeigten dies in die Tiefen des Unterbewusstseins hinab, welch Geiste
Kind sie war. Immer wieder rief sie: „Tu es nicht, Alessandro, das ist Sünde,
du kommst in der Hölle.“
Am Samstag war die
Untat geschehen, am Sonntag, dem 6. Juli 1902, starb Maria Goretti.
Alessandro wurde zu
dreißig Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Die ersten Jahre verbrachte er in
sturer Reuelosigkeit. Da erschien ihm eines Nachts im Traum oder einer Vision
Maria Goretti. Sie pflückte Blumen und bot sie ihm an. Von da an war er
verwandelt und ein vorbildlicher Häftling. Zu Weihnachten 1928 wurde er
vorzeitig entlassen. Sein erster Weg führte ihn zu Marias Mutter. Er wollte sie
um Verzeihung bitten. Am Weihnachtsabend klopfte er an der Tür des Pfarrhauses
von Corinaldo an, wo sie Haushälterin geworden war. Sie antwortete: „Wenn Gott
dir vergeben hat, wie sollte ich dir nicht vergeben?“ Beide gingen in der
Weihnachtsmesse zusammen zum Tisch des Herrn, der allen alles vergibt.
Die Heiligsprechung
erfolgte 1950, und seit 1951 ist Maria Goretti Patronin der Marianischen
Kongregationen. Aus „Das Große Hausbuch der Heiligen“ –
Pattloch-Verlag
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