Propheten in der Kirche Gottes
Es
gehört zu den fatalsten Erscheinungen der jüngeren Kirchengeschichte, daß
gewisse Ämter andere in sich aufgesogen haben oder gar verfolgten. Dadurch
wurde vom Amtspriestertum die unerlässlich notwendige Funktion der Propheten
und Charismatiker einfach verdrängt und stillgelegt. Wie etwas Unreines einfach
abgelehnt, nur weil es unbequem ist, die Mahnungen zur Umkehr zu beherzigen.
Nicht nur die Propheten des Alten Bundes wurden von den egoistischen Menschen
stets verfolgt, sondern auch denen des Neuen Bundes erging es so. Sie wurden
verfolgt und liquidiert wie Jesus Christus, weil die Botschaft unbequem war und
das Gewissen aufrüttelte (Mt. 23, 2-34)!
Obwohl das Amstpriestertum das
prophetische Amt nicht selbst auszuüben vermag und dieses sogar immer wieder
verfolgt, wie die Pharisäer und Gesetzeslehrer den Gottessohn verfolgt haben,
hat Gott seiner Kirche es doch nie an diesen unbequemen Mahnen zur Umkehr
fehlen lassen. Die Funktion der Propheten ist nicht die von Rabbinern, Lehrern,
Exegeten und Hermeneuten. Nicht allgemeine und prinzipielle Sätze sind der
Inhalt der Prophetie, sondern der konkret kritische Aufruf an die konkrete
Person, die konkrete Institution und Gemeinschaft.
Prophetie ist nicht identisch
mit Kultur- oder Ideologiekritik, mit Zukunftsdeutung oder Weltverbesserertum.
Der Prophet redet von Gott her, nicht aus sich selbst.
Ihn inspiriert der Zorn über
das, was nicht sein soll in der Kirche und Gesellschaft, weshalb er nicht gerne
gesehen ist.
Dieser heilige Zorn widerspricht
nicht der Mahnung der Bergpredigt: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet
werdet (Mt. 7, 1), denn er dient nicht der Verurteilung, sondern ist ein Ruf
zur Bekehrung und Buße. Der Prophet nimmt sich in seiner Kritik nicht
pharisäisch selbstgerecht aus, sondern stellt sich selbst mit unter das Gericht
Gottes, dem alle unterworfen sind und dem niemand zu entrinnen vermag.
Die prophetische Rede muß im
richtigen Augenblick erfolgen, da sie geschichtlich bedingt ist.
Die geistigen Wurzeln der
gegenwärtigen Situation der Kirche reichen weit in die Vergangenheit hinein.
Philosophie, Rationalismus und Aufklärung haben für den Eingriff des
Transzendenten in die konkrete geschichtliche Situation nicht viel mehr als
Gespött übrig und einige sich fortschrittlich dünkende Theologen und Priester
hat es jeweils immer gegeben, die alles bagatellisieren möchten und mit dem
Schlagwort „Privatoffenbarung“ alles abzutun versuchen. So, als ob der
konkrete Anruf Gottes nur dem Propheten
selbst gelten würde, und nicht denen, an die er gesandt ist!
Es ist zwar das Glaubensgut voll
geoffenbart durch Jesus, aber die Institution braucht immer wieder den Aufruf
zur Umkehr und Buße!
Quelle: Reinigung der Erde – Prophezeiungen über die
Zukunft der Menschheit – Josef Stocker – Mediatrix-Verlag – Wien
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