„Was er euch sagt, das tut!“
Dieses Wort Mariens, ist das einzige uns im Evangelium überlieferte
Wort, das sie zu den Menschen spricht. Die anderen Worte spricht sie mit dem
Engel. Mit Gott und mit ihrem Sohn.
Dieses Wort ist an den Menschen aller Zeiten gerichtet, auch
an uns. Es ist das einzige, das sie uns in der Bibel gesagt hat.
Es war auf der Hochzeit zu Kana. Der Wein war ausgegangen,
und sie hatte es bemerkt. Da sprach sie zu ihrem Sohn: „Sie haben keinen Wein
mehr.“
Die Antwort Jesu, die die Unabhängigkeit seiner Sendung als
Messias von allen familiären Bindungen unterstreichen sollte, könnte uns hart
erscheinen: „Was willst du von mir Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.“
Aber die Stimmlage oder eine Bewegung deuteten ihr wohl an, dass Er ihren
Wunsch erfüllen werde. Denn zu den Dienern gewandt sagte sie, auf Jesus deutend:
„Was er euch sagt,
das tut!“
Christus ist unser einziger Mittler beim Vater. Maria hat
eine untergeordnete Mittlerschaft: „Mittlerin beim Mittler“ ist der von der
strengsten katholischen Theologie verliehene Titel.
Maria kann uns zu Christus führen. Jesus wird immer das
einzige Vorbild sein, das Gott den Menschen gibt. Aber wenn Paulus zu sagen
wagte: „Nehmt mich zum Vorbild, wie ich Christus zum Vorbild nehme“ (1 Kor. 11,
1), sollen wir dann nich auch Maria als
dazwischenliegendes rein menschliches Vorbild nehmen, das uns näher ist als das
Vorbild, das vollkommen menschlich und zugleich göttlich ist? Schließlich war
sich Maria immer bewusst, die zweite Stelle in unendlichem Abstand von Jesus
einzunehmen. Sie bezeichnete sich nie als Lehrerin, sondern immer als
Schülerin. Sie meinte nie, dass wir etwas von ihr lernen sollten.
Aber in diesem einzigen ihrer biblischen Worte („Was er euch
sagt, das tut!“ Joh. 2,5), das sie an einfache Menschen richtet und das uns im
Evangelium überliefert ist, ist eine ganze Bibliothek der Lehren Mariens
verborgen.
Ihren mütterlichen Blick auf die Menschenkinder aller Zeiten
und ihren Finger auf den einzigen Meister der erlösten Menschheit gerichtet,
erklingt ihre Stimme durch Raum und Zeit mit dieser selben Aufforderung: „Was
er euch sagt, das tut!“
Nicht der Stolz ist der Weg zur Heimat der Kinder Gottes.
Zur Herrlichkeit kommt man durch Demut. Es ist Christi Gesetz: „Wer sich selbst
erhöht, wird erniedrigt, wer sich aber selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“
(Lk. 18, 14).
Dieses Gesetz hat sich in Maria erfüllt. Sie sagte es
prophetisch: „Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe von
nun an preisen mich selig alle Geschlechter. Denn der Mächtige hat Großes an mir
getan, und sein Name ist heilig.“ (Lk. 1,48f)
Maria hat ihr Wort an den Engel „Ich bin die Magd des Herrn“
(Lk. 1,38) in ihrem Leben immer in die Tat umgesetzt. „Mir geschehe, wie Du
gesagt hast“. Damit hat Maria den Weg ihres ganzen Lebens festgelegt. Maria gab
ihr „Ja-Wort“, und Gott wurde in ihrem Schoß Mensch. Marias Mitwirkung bei der
Menschwerdung war nur, Gott wirken zu lassen. Wie bei Maria verlangt Gott von
uns nicht mehr als unser „Ja“, damit Christus auch in unseren Seelen Gestalt
annimmt und wächst.
Quelle: Fatima Ruft – Heft Nr. 148 – Mai 1997
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